Dr. med.  Alois Fürmaier

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie



Heilung durch das Gespräch', so könnte man diese Form der Psychotherapie im Unterschied zu einer medikamentösen oder einer direkt am Körper ansetzenden psychotherapeutischen Behandlung bezeichnen.

In regelmäßigen Gesprächen, die ein bis zwei mal in der Woche stattfinden, begleitet der Therapeut den Patienten ein Stück weit in seinem Leben.

Dabei ist die Herstellung einer vertrauensvollen Beziehung zwischen den Gesprächspartnern und einfühlsames Zuhören, das mit einem Fachwort Empathie genannt wird, die wichtigste Hauptaufgabe, die für den Therapeuten dabei im Mittelpunkt steht.

Aber es ist mehr: Die TPT ist darüberhinaus insbesondere eine 'Verstehenstherapie'. Das heißt, Therapeut und Patient versuchen gemeinsam, für die Symptome und Beschwerden, unter denen der Einzelne leidet, einen Sinnzusammenhang auf dem Boden und dem Verständnis seiner lebensgeschichtlichen Entwicklung herzustellen.

Grundlage dieses Vorgehens ist ein psychodynamisches Krankheitsverständnis: Es basiert auf den Grundannahmen der Psychoanalyse Sigmund Freuds, und ist eine Modifizierung der psychoanalytischen Psychotherapie. Die klassische Psychoanalytische Behandlung, die in mehreren Sitzungen der Woche im Liegen und über einen längeren Zeitraum durchgeführt wird, strebt eine Aufarbeitung auch der frühen Grundkonflikte und der gesamten neurotischen Persönlichkeitsstruktur an. Dagegen ist die TPT kürzer und begrenzter angelegt. Ihr Ziel ist, die unbewußten Konflikte, die hinter den aktuellen Beschwerden stehen, vor allem im Hinblick auf die aktuellen psychosozialen Belastungssituationen verstehbar zu machen.

Was versteht man unter einem psychodynamischen Verständnis seelischer Störung?

Dieses geht in seinen Grundannahmen zunächst davon aus, daß sich das menschliche Leben und seine Entwicklung in Beziehungen abspielt, und sich außerhalb davon eigentlich keine menschliche Persönlichkeit entwickeln kann.

Als weiteres Charakteristikum gilt, daß sich die Hauptmerkmale der Persönlichkeit mit all ihren Fehlern und Handicaps, mit allen Fähigkeiten, Grenzen und Verletzungen in seinen Grundzügen bereits in der frühen Kindheit herausgebildet haben. Wir sind zwar auch in den späteren Jahren einem ständigen Veränderungsprozeß unterworfen, wesentliche Prägungen aus der frühen Zeit bleiben jedoch in der Tiefe unserer Seele erhalten, ohne daß sie uns ständig bewußt sind. Die Existenz und die Wirksamkeit dieses Bereichs des Unbewußten ist eine weitere wichtige Grundannahme psychodynamischer Psychotherapie.

Entwicklungsdefizite, Hemmungen, Traumata, sowie tiefe schmerzhafte Erinnerungen und Gefühle sind oft unerträglich und werden zur Abwehr in diesen unbewußten Bereich verdrängt. Sie bleiben so, ohne im Tagesbewußtsein zu sein, mit ihrem Erregungspotential erhalten. Diese verborgenen Teile geraten im heutigen aktuellen Leben mit Wünschen und Anforderungen aus dem Tagesbewußtsein, manchmal auch mit äußeren Veränderungen, Versagungen und Verlusterlebnissen in Konflikt. Das dabei auftretende Energiepotential von Gefühlen und seelischen Schmerzen bricht dann wieder auf, und kann oft nicht anders als durch die Entstehung von Symptomen bewältigt werden.

Es ist eine der Hauptaufgaben der TPT, diese Konflikte zwischen den bewußten und den unbewußten Anteilen aufzudecken, die dazugehörigen Gefühle noch einmal spürbar zu machen, um sie jetzt zu verarbeiten, und sinnvollere neue Lösungen zu entwickeln.

Mit welchen Wirkmechanisman geschieht diese Verarbeitung?

Wie schon bei den oben genannten Funktionen des Zuhörens und Verstehens genannt, ist der hauptsächliche Wirkfaktor in der Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie das Element der 'hilfreichen Beziehung'. In der Beziehung zum Therapeuten erhält der Patient zunächst einen Raum, über sich sprechen zu können, und bei einem neutralen Menschen Zuspruch und Verständnis finden zu können. Dies hat oft fürs erste schon eine entlastende, ja reinigende Wirkung. In einem weiteren Schritt lernt der Patient, sich besser wahrzunehmen, und seine eigenen Affekte kennenzulernen. Hierdurch erfolgt eine wichtige Verselbständigung und Abgrenzungsarbeit gegenüber der Umwelt. Erst dann sollen die blockierten unbewußten Gefühle und frühe Konflikte mit lebensgeschichtlich wichtigen frühen Bezugspersonen bearbeitet werden. Indem sie in der aktuellen Beziehung zum Therapeuten wiederlebbar gemacht werden, können sie eine Sprache finden, und einer adaequaten Lösung zugeführt werden. Diese Prozesse bezeichnet man als Übertragung.

Um solche Vorgänge zu ermöglichen, ist eine strikte Neutralität des Therapeuten erforderlich. Nur wenn der Therapeut in der Lage ist, die Erlebnisse des Patienten von denen aus seinem eigenen Leben zu trennen, kann er diese Zusammenhänge zwischen dem Unbewussten und Bewussten deuten. Dann löst sich eine Spannung, das Vergangene trennt sich vom Gegenwärtigen, und dieses kann dann vernunftorientiert einer neuen adaequaten Lösung zugeführt werden.

Psychoanalytische Fokaltherapie


Eine Sonderform aus dem Anwendungssprektrum der Psychoanalyse stellt die Fokaltherapie dar. Sie gilt als Kurztherapie, und wird von den Krankenkassen als Behandlung über 25 Sitzungen genehmigt. Das Indikationsspektrum ist für diese Therapieform in meiner Praxis in Prien am Chiemsee und in München sehr breit: Manche Patienten haben dem Bereich ihrer Störung sehr viele gesunde Anteile ihrer Persönlichkeit. Die Beschwerden bestehen noch nicht seit langer Zeit, und wichtige vitale Lebensbereiche bleiben funktionsfähig.

Andere wiederum befinden sich in einer akuten Krise, die Probleme spitzen sich zu. Es treten Engpässe auf, die zügige Interventionen erforderlich machen Therapeutische Veränderungsprozesse, wie sie in den oben beschriebenen Therapieformen beschrieben worden sind, können nicht abgewartet werden.

Die durchschnittliche Behandlungsdauer wird mit einem halben Jahr bei unterschiedlicher Wochenfrequenz angesetzt. Durch diese Kürze habe ich meine Praxisstruktur so eingerichtet um flexibler und schneller für solche Patienten ansprechbar zu sein.

Wie setzt nun die Fokaltherapie im Besonderen an?

Wie durch den Brennpunkt einer Linse gesehen, wird aus dem gesamten Material, das der Patient in den Vorgesprächen berichtet, ein Hauptproblem in den Mittelpunkt gerückt und herausgegriffen. Seine Anteile, die dem Patienten bewußt sind, und seine unbewußte Dynamik stehen im Mittelpunkt der Behandlung. Andere Teile der Lebensgeschichte und Struktur bleiben unberücksichtigt.

Das Bild von Baumstämmen, die in einem Fluß treiben, macht die Funktion und Vorgehensweise der Fokaltherapie gut verstehbar. Sie verheddern sich an einer Stromschnelle ,entsprechend der Lebenskrise, und oft genügt die Herausnahme eines einzelnen Stammes, um alle wieder in Flu0 zu bringen. Denn Energie hierzu ist ausreichend vorhanden.

Dabei muß das Ziel in der Fokaltherapie nicht immer die völlige Beseitigung der Symptome sein. Im optimalen Fall dient sie dazu, dem Patienten nur so viel Hilfe an die Hand zu geben, daß er besser seine Probleme dann selber lösen kann. Manchmal jedoch ist die Fokaltherapie nur ein erster Einstieg in psychotherapeutisches Denken und Arbeiten, und sie dient entweder als Krisenintervention, oder zur Vorbereitung einer späteren Langzeittherapie.

Ein besonderer Schwerpunkt meiner fokaltherapeutischen Arbeit liegt in der Behandlung psychosomatischer Patienten. Auch für diese Gruppe ist die psychoanalytische orientierte Kurztherapie in besonderem Maße geeignet. Menschen, bei denen seelische und körperliche Reaktionsweisen eng zusammenwirken, haben oft nur wenig psychischen Erlebensraum zur Verfügung. Ihre emotionales Erleben ist oft auf die Verarbeitung körperlicher Prozesse eigeengt, ihre Phantasiefähigkeit gering, und die Körpersprache dominiert gegenüber einer seelischen Ausdrucksfähigkeit.

Hier dient die Kurztherapie erstmals dazu, eine seelische Sprache zu finden, um die vegetative Übererregung der Körperorgane etwas zu reduzieren. Um dies zu erreichen, und solche Prozesse zu erleichtern, kombiniere ich in meiner praktischen Arbeit häufig diese Form von Kurztherapie mit anderen Behandlungsmethoden.

Das kann einmal der vorsichtige gleichzeitige Einsatz von Medikamenten sein. Es ist erforderlich, die Erwartung an deren Wirkung einzugrenzen, und ihre Vor- und Nachteile ausführlich mit dem Patienten besprechen. Sie können nie und zu keinem Zeitpunkt Probleme lösen. Aber sie können, gerade bei körperlich leidenden Patienten, manchmal Symptome so erleichtern, daß mehr Kraft zur Lösung und Bearbeitung der Probleme in der Psychotherapie bleibt.

Eine andere gut wirksame Massnahme ist die gleichzeitige Durchführung von Entspannungsmethoden. Gerade das autogene Training, das der Patient neben den Gesprächen in der Praxis erlernen kann, ist in seiner direkt am Körper ansetzenden Wirkung eine hervorragende Methode, um die seelische Sensibilität für gestörte Körperfunktionen wieder zu beleben. Gleichzeitig unterstützt es die in jeder psychoanalytisch ausgerichteten Therapie wichtige Entwicklung der Autonomiefunktionen, da der Patient hier selbst ein Mittel an die Hand bekommt, um im Alltag auf seine unbewußten und vegetativen Prozesse ohne die direkte Hilfe des Therapeuten Einfluß nehmen zu können.